Team aus Österreich im Gefühlschaos von Barcelona
Barcelona/Spanien: Das Finale der internationalen GT Open fand vergangenes Wochenende, 20. bis 22. Oktober, im spanischen Barcelona statt. Für Eastalent Racing um Teamchef Peter Reicher war die volle Punktzahl das Ziel, insbesondere weil das Team in dieser Saison zwei Null-Punkte-Runden am Hungaroring und in Paul Ricard verkraften musste. „Wenn wir als Drittplatzierter der Meisterschaft im Titelkampf noch ein Wörtchen mitreden wollen, müssen wir die maximale Punkteausbeute auf unser Konto bringen“, so Teamchef Peter Reicher.
Der Samstag begann recht vielversprechend. Mit Platz elf im Zeittraining und einem grandiosen Sieg im Samstagsrennen, übernahmen die Mannschaft aus Kirchberg bei Mattighofen am Samstag die Führung in der Meisterschaft und hielt sich somit im Titel-Rennen. Und auch für den Veranstalter hätte es nicht besser laufen können. Die Entscheidung um die Meisterschaft wurde auf den Sonntag vertagt und erst in der allerletzten Runde des Finales entschieden.
Dazu berichtet Teamchef Peter Reicher: „Das Drehbuch zum Samstagsrennen hätten wir nicht besser schreiben können. Wir wussten, dass wir nach Platz elf im Zeittraining etwas zu dünn auf der Kette waren, um das Rennen selbstständig zu verwalten. Nachdem wir die zehn Mitbewerber vor uns analysierten, war klar, dass wir in der ersten Kurve von den Protagonisten vor uns Schützenhilfe bekommen werden. Simon musste sich nur mit gebührendem Abstand die Situation in der ersten Kurve vor sich anschauen, um als Dritter aus dem Geschehen hervorzugehen. Der Rest des Rennens war eine starke Teamleistung, die Christopher perfekt verwaltet hat und so unseren Audi R8 LMS evo II als Erster über die Ziellinie brachte.“
Für Simon Reicher gestaltete sich das Rennen am Samstag im Cockpit wie folgt: „Es war das, wovon ich auf der Hinfahrt nach Barcelona geträumt habe. Einmal in der Saison einen Sieg mit nach Hause zu nehmen. Und es war genau das, was wir uns vor der Saison vorgenommen hatten. Einmal ganz vorne auf Pole stehen und einmal ein Rennen gewinnen. Diesen Wunsch haben wir uns erfüllt. Ein tolles Ergebnis.“
Christopher Haase betrachtete das Prefinale wie folgt: „Ein Rennen, das wir uns schon lange vorher verdient haben. Unser erster Sieg in der GT Open war mehr als überfällig und sehr emotional. Natürlich kommen da viele Faktoren zusammen, die im Rennen passieren. Simon hat einen grandiosen Start hingelegt. Sich aus allem herauszuhalten war am Ende des Tages der Schlüsselfaktor. Nun war es meine Aufgabe nach dem Boxenstopp auf Platz eins liegend das Ergebnis nach Hause zu fahren. Das war der entscheidende Faktor, der uns am Ende des Tages den Sieg einbrachte.“
Das Rennen am Sonntag war ein Auf und Ab der Gefühle. Spannender hätten die Macher des Championats es nicht gestalten können. Der zweite Teil der Aufgabe an diesem Wochenende war für das Team etwas schwieriger. Nun hatten die Kirchberger durch ihren Sieg im Samstagsrennen das Handicap 10 Sekunden länger beim Boxenstopp stehen zu müssen. Dazu sagt Peter Reicher: „Ich habe in diesem Rennen weitere graue Haare bekommen. Es war eine Achterbahn der Gefühle. Ständig rechneten wir die Konstellation unserer Mitbewerber, die ebenfalls mit teilweise weniger als einen Punkt Abstand um uns herumgefahren sind, ob es nun für die Meisterschaft reicht oder nicht. Letztendlich hat uns der sechste Platz zwar gefreut, aber nach dem Erreichen der schwarz-weiß karierten Flagge konnten wir unsere Emotionen nicht mehr unter Kontrolle halte. Was für eine grandiose Teamleistung. Jeder im Team hat einen Teil dazu beigetragen, ein so großartiges Ergebnis wie den Gewinn der Meisterschaft zu erreichen. Ich bin wahnsinnig stolz auf jeden Einzelnen.“
Auch Simon Reicher war im Finale vielen Emotionen ausgesetzt: „Das Rennen war unglaublich schwierig. Die Bedingungen waren extrem hart. Nach dem Safety Car ist der Reifenluftdruck abgefallen. Es war unmöglich die Temperatur in den Reifen zu halten. Es war ein Überlebenskampf und ich war von Profi-Fahrern umzingelt, die ganz genau wussten, was sie taten. Das Rennen stand auf Messers Schneide. Anders ausgedrückt waren es die längsten fünfundzwanzig Minuten meines Lebens.“
Das Zeittraining am Sonntag brachte Eastalent Racing auf die Überholspur. Christopher Haase berichtet von der Qualifikation und dem Rennen: „Mit Platz zwei im Zeittraining wussten wir, dass unsere Pace für ganz nach vorne nicht wirklich gereicht hat. Ein dickes Lob an das gesamte Team, dass sie uns dennoch ein Auto zur Verfügung gestellt haben, mit dem wir eine gute Ausgangsbasis für das Rennen schaffen konnten. Schwieriger machte es dann die nachträgliche Entscheidung der Stewards, uns eine 3 Grid Penalty auszusprechen, da Ich meine Peak Runde in Q2 unter gelber Flagge in T4 gefahren habe. Diese Entscheidung nahmen wir sportlich hin und starteten somit von Platz fünf. Der Start war dann sehr ordentlich. Es ging relativ schnell bis auf Platz drei nach vorne. Der Druck war enorm, weil wir für den sicheren Meisterschaftssieg eigentlich das Rennen gewinnen mussten. Der Boxenstopp ist uns nicht perfekt gelungen. Ich glaube da haben wir eine Runde zu spät gewechselt. Diese sechs bis sieben Sekunden, die wir haben liegen lassen, hätten wir sehr gut als Polster gebraucht. Für unsere heißen Mitbewerber lief es auch nicht perfekt und alle hatten so ihre Probleme. Simon hat zum Ende des Rennens das Hinterteil unseres Audi R8 LMS evo II sehr breit gemacht und unsere sechsten Platz sehr gut verteidigt.“
Fazit: „Wir sind mit der Prämisse in die Saison gestartet, erfolgreich mitzufahren. Vom Titel in der Meisterschaft war nie die Rede. Wir sind als Team im zweiten Jahr unserer noch jungen Motorsport Karriere. Ich bin begeistert und stolz auf alle Beteiligten, die uns auf unserem Weg unterstützt haben. Von allein hätten wir das niemals gestemmt. Ein großes Lob an alle. Jeder kann sehr stolz auf sich sein. Wir konnten in einer völlig fremden Serie und auf völlig fremden Rennstrecken von Anfang an souverän mitfahren. Wir haben ständig unsere Köpfe zusammengesteckt. Abseits der Rennstrecke, in der Werkstatt und während der Testtage. Und auch wenn uns fragwürdige Entscheidungen der Rennleitung manchmal behindert haben, gaben wir nie auf. Selbst am Samstag vor dem Rennen hätten wir nie mit der Meisterschaft gerechnet. Dass wir am Samstag plötzlich die Meisterschaft anführen, hatten wir definitiv nicht auf unserem Zettel“, so der Kirchberger.
„Mit Platz sechs am Sonntag hatten wir die gleiche Punktzahl in der Meisterschaft wie der Zweitplatzierte. Lediglich die Tatsache, dass wir mehr zweite Plätze in der Saison eingefahren haben, zeigt welch unglaubliche Atmosphäre, welch unglaublicher Teamspirit und Wille zum konstanten Erfolg im Team herrscht. Ein Team das niemals aufgibt. Das alles zeigt sich daran, dass wir uns nur sehr wenige Fehler erlaubt haben und konstant über die Saison daran gearbeitet haben unsere Performance zu verbessern. Ich betreibe den Motorsport seit 14 Jahren als Profi. Doch diese Meisterschaft mit dem knappen Ausgang wird mir bis zum Ende meiner Karriere im Gedächtnis bleiben. Am Ende glaube ich wirklich sagen zu können, dass wir verdient ganz oben stehen“, so Audi Sport Fahrer Christopher Haase.
Spekulationen zur Titelverteidigung der internationalen GT Open 2024 erklärt Simon Reicher: „Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Wir müssen uns jetzt sortieren und den Meistertitel gebührend feiern. Dann schauen wir, was 2024 so alles bringt. Die GT Open wird auf jeden Fall spannender und anspruchsvoller, da ein Rennen mehr geplant ist und ich davon ausgehe, dass 2024 weitere hochkarätige Teams der Serie beitreten. Bis dahin haben wir noch eine Menge Hausaufgaben zu machen. Auf jeden Fall werden wir voller Elan und mit Angriffslust ins nächste Jahr starten.“